Im Landkreis Böblingen kam es laut Medienberichten zu erheblichen Abweichungen zwischen den offiziellen Impfzahlen des Sozialministeriums und den tatsächlich geimpften Personen. Der Landkreis Böblingen galt lange sogar als eines der Schlusslichter in Baden-Württemberg bei den Impfungen. Das Landratsamt in Böblingen hat daher angefangen eine eigene Impfstatistik zu führen, die bis zu 16 Prozentpunkte höher liegt als die Zahlen des Ministeriums. Der Landtagsabgeordnete für den Wahlkreis Leonberg/Herrenberg/Weil der Stadt, Hans Dieter Scheerer, nahm dies zum Anlass, um zusammen mit seinem Kollegen und gesundheitspolitischen Sprecher der FDP-Fraktion, Jochen Haußmann, die Datenerhebung durch die Landesregierung für die Impfstatistik zu hinterfragen. Nicht zuletzt hänge die Akzeptanz von Corona-Maßnahmen auch von der Richtigkeit der zugrundeliegenden Daten zum Infektions- und Impfgeschehen ab. Die Antwort der Landesregierung zeige aber, dass diese aus zwei Jahren Pandemie nichts gelernt hat.
„Die Differenz zwischen den statistisch erfassten und tatsächlichen Impfzahlen liegt daran, dass Impfungen durch Privatärzte und durch die Betriebsärzteschaft nicht in die Berechnung der Daten einfließen. Das Landratsamt in Böblingen hat das erkannt und veröffentlicht daher neben den offiziellen Zahlen des Sozialministeriums eine eigene Impfstatistik. Dass nicht alle Impfungen erfasst werden liegt laut Ministerium daran, dass es nicht auf alle Meldesysteme zugreifen kann“, berichtet Scheerer. „Nach zwei Jahren Pandemie kann das nicht sein und ist einfach nur erschreckend.“ In der Antwort der Landesregierung auf Scheerers Antrag wird außerdem darauf verwiesen, dass unterschiedliche Systeme keinen Schluss darüber zulassen ob es nicht auch in anderen Landkreisen Abweichungen in der Datenerfassung gibt. Kritik komme bisher nur aus Böblingen.
Auf die Frage, ob die Genauigkeit der Datenerhebung bei der Impfstatistik ausschlaggebend für Maßnahmen und Anpassungen der Corona-Verordnung seien, verweist die Landesregierung darauf, dass hier hauptsächlich auf Inzidenzen und die Hospitalisierungsrate geschaut werde. „Natürlich ist es so, dass die Impfquote nicht der alles entscheidende Faktor für die Gestaltung der Corona-Verordnung ist“, erklärt Scheerer. „Aber vor allem das Aussetzen oder Aufschieben von Öffnungsschritte wird oft damit gerechtfertigt, dass die Impfquote in Baden-Württemberg nicht ausreichend sei. Wenn dann aber die Zahlen zur Impfstatistik falsch oder zumindest ungenau sind, zerstört das jedes Vertrauen in das ohnehin schon angeschlagene Corona-Management der Landesregierung und ist Wasser auf die Mühlen der Impfskeptiker und Querdenker. Auch für die Diskussion zu einer möglichen Impfpflicht sind ungenaue Statistiken und Probleme bei der Erfassung von Geimpften nicht zuträglich.“
„Außerdem ist es erschreckend, wie man als Landesregierung nach zwei Jahren der Pandemie immer noch so planlos sein kann. Es wurden keine Fortschritte bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen und der Erfassung der Daten gemacht und sollte der Landesregierung zu denken geben, wenn ein einzelner Landkreis wie Böblingen es offenbar in kürzester Zeit schafft Daten aus mehreren Quellen zusammenzuführen“, kritisiert Scheerer. „Vielleicht müsste Ministerpräsident Kretschmann nicht der Vorsteher des ‚Teams Vorsicht‘ sein und auf eine Impfpflicht pochen, wenn er mit korrekten Zahlen zum Impffortschritt arbeiten würde.“
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