Obwohl die die Express-S-Bahn S62 erst im Herbst 2022 in Betrieb gehen wird, führt sie jetzt schon zu großen Diskussionen. Vor allem der Zweckverband Hermann-Hesse-Bahn äußert massive Kritik. Er sieht eine Nichteinhaltung der Absprachen aus dem Stufenkonzept 2020 und eine Beeinträchtigung der Hermann-Hesse-Bahn durch die Express-S-Bahn. Hans Dieter Scheerer, Mitglied im Verkehrsausschuss für die FDP-Fraktion im Landtag und Abgeordneter für den Wahlkreis Leonberg/Herrenberg/Weil der Stadt, widerspricht den Kritikern und setzt sich für die Express-S-Bahn von Weil der Stadt nach Stuttgart ein. Mit dieser Expresslinie sei die Verbindung zwischen Weil der Stadt und Stuttgart am besten gewährleistet. Das optimale Verkehrsangebot für die Bürgerinnen und Bürger dürfe nicht von Lieblingsprojekten des Verkehrsministers Hermann oder ideologischen Ideen zum Schienenverkehr abhängen.
„Die Hermann-Hesse-Bahn darf nicht anderen praktikableren und günstigeren Lösungen vorgezogen werden, nur, weil sie ein Lieblingsprojekt des Verkehrsministers ist oder in die ideologischen Ideen gewisser Verbände passt“, sagt Scheerer, der sich im Verkehrsausschuss des Landtags für die FDP-Fraktion vor allem mit dem Thema ÖPNV beschäftigt und außerdem als Mitglied im Verkehrsausschuss der Regionalversammlung der Region Stuttgart direkt mit dem Thema befasst ist. „Es gibt gute und nachvollziehbare Gründe, warum sich der Verband Region Stuttgart für die S62 ausgesprochen hat.“
Der Zweckverband Hermann-Hesse-Bahn sieht aber eine Beeinträchtigung durch die Express-S-Bahn. Für die Hesse-Bahn sei es gerade in den Hauptverkehrszeiten wichtig, Fahrgäste aus dem Kreis Calw auf die S6 und S60 zu bringen. Der einfache Umstieg von Berufspendlern in Renningen auf die S60, um nach Böblingen und Sindelfingen zu gelangen, führe zu einem Fahrgastgewinn und zu einer Verringerung des Individualverkehrs. Laut Scheerer muss es aber das oberste Ziel sein, die kundenfreundlichste Lösung zu finden und somit die Attraktivität des ÖPNV zu steigern: „Sentimentalitäten für einzelne Zuglinien dürfen hier nicht im Wege stehen. Es ist eindeutig am sinnvollsten, wenn die Hesse-Bahn bis Weil der Stadt fährt und dann eine Express-Verbindung nach Stuttgart zur Verfügung steht. Ein Parallelbetrieb der Hesse-Bahn bis nach Renningen ist schon daher nicht möglich, da ein Teilstück der Strecke eingleisig ist und dann nur eine Taktung genutzt werden kann, bei der eine Linie immer warten müsste.“
Eine Reduzierung des Individualverkehrs und Umstieg der Bürgerinnen und Bürger vom Auto auf die Schiene können laut Scheerer nur dann entstehen, wenn die Verbindungen angeboten werden, die die Fahrgäste wollen und benötigen. „Sinnvoller ÖPNV darf nicht immer wieder an ökologischen und grünen Ideologien scheitern. Die Politik muss den Fahrgästen und vor allem Pendlern solche Alternativen anbieten, damit jeder gerne und bewusst seine Reise mit dem Zug und der S-Bahn anstelle des Autos antritt“, sagt Scheerer. „Die Hesse-Bahn wird bis Weil der Stadt dazu ihren Beitrag leisten und dann eben die Verbindungen der S6 und der S62. Unser übergeordnetes Ziel muss ein sinnvoller und funktionsfähiger Schienen-ÖPNV sein und wir sollten uns nicht in Diskussionen über einzelne Linien und Bahnprojekte verlieren.“
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